Trostberger Tagblatt: Ein geschützter Raum für Frauen

Ein geschützter Raum für Frauen

Erste Frauen-Vorführung im Stadtkino Trostberg gut besucht – Marie Theres Kroetz-Relin zufrieden

 

Trostberg. Die erste Kinovorstellung im Stadtkino nur für Frauen aller Kulturen und Nationen war mit 50 Besucherinnen samt Kinder ein großer Erfolg. Bei einem Zeichentrick hatten sowohl die Kinder als auch die Frauen aus Deutschland, Afghanistan, Rußland, Eritrea, Nigeria, Somalia, Iran, Irak, Pakistan und Bangladesh viel Spaß.

Die Idee zu diesem Frauenkino war Marie Theres Kroetz-Relin bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Lehrerin in der Brückenschule gekommen. Die Frauengruppe war zum Abschluss des Schuljahres ins Kino eingeladen gewesen. Es kamen nur wenige Frauen, dafür aber mehr Ehemänner aus dem muslimischen Kulturkreis mit den Kindern. Auf die Frage, warum den die Frauen nicht gekommen seien, gab es die Auskunft, dass es etwa für eine afghanische Frau unmöglich sei, sich mit einem anderen Mann außer ihrem Ehemann in einem geschlossenen Raum aufzuhalten.

Das wollte die 51-jährige Schauspielerin nicht so stehen lassen. Ihre Recherche ergab, dass es in Deutschland kein Kino gibt, in dem sich Frauen quasi unter sich treffen können. Vorbild ist für Kroetz-Relin das Frauenkino im afghanischen Kabul. Dort war in den vergangenen 15 Jahren das Kino ausschließlich der männlichen Bevölkerung vorbehalten. Dies wollte der 34jährige Abu Bakar Gharzai, der das erste Frauenkino im März dieses Jahres eröffnet hat ändern: Für seine Frau wollte er einen Ort, an dem sie weder belästig noch angegriffen wird.

Kroetz-Relin, die selbst Migrationshintergrund hat, wie sie sagt, organisiert das Frauenkino aber nicht nur für Geflüchtete. Es spiele keine Rolle, ob eine Besucherin deutsch oder etwa afghanisch ist, Muslima oder Christin, ob sie Kopftuch trägt oder offene Haare.

In Trostberg gibt es über 300 Bedürftige, 240 Asylsuchende und anerkannte Flüchtlinge, über 25 Kindertafelnutzer, sowie viele Familien und Alleinerziehende die sich einen Kinobesuch nicht leisten können. Einmal im Monat, am letzten Montag eines Monats sollen nun Frauen und Kindern dieser Gruppe kostenlos das Kino besuchen dürfen.

Zum ersten Nachmittag waren Frauen und Mütter aus den ehrenamtlichen Schulen (Brückenschule und Andreasschule), der Trostberger Tafel, der Arbeiterwohlfahrt, Betreute des Arbeitskreises „Hilfe für Notleidende“, Frauen der türkischen Gemeinde, der Kolpingsfamilie, den kirchlichen Einrichtungen und der Kindergärten – kurz, alle Frauen die ihren Euro zweimal umdrehen müssen, waren eingeladen.

„Mütter sind die Basis unserer Gesellschaft. Wenn wir es nicht schaffen, Mütter und Frauen aller Kulturen geschützte Freiräume zu bieten, wird sich unsere Gesellschaft sehr einseitig entwickeln. Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, die weibliche Integration, auf kulturelle Art, ein wenig voran zu treiben.“ gibt sich Kroetz-Relin kämpferisch.

In einem ersten Schritt ist ihr das gelungen. Mit Kinobetreiber Christoph Loster und dem Organistationsteam der Brückenschule (Brigitte Bartl, Marianne Penn und Simone Ishaq), sowie Medien und Kommunikation, Fachstelle der Erzdiözese München-Freising hat Kroetz-Relin die richtigen Partner gefunden.

In gelöster Stimmung sprachen die Damen miteinander. Meist auf Deutsch. Auch wenn einige Besucherinnen den Text des Zeichentrickfilmes nicht komplett verstanden, sprach die Handlung für sich. Das Schicksal des kleinen Hauptdarstellers  im Film ähnelt im Grundsatz dem der Frauen.  Der Löwe muss seinen Platz im Leben suchen und sich dabei großen Herausforderungen stellen,  schwierige Situationen durchleben und Kompromisse schließen, damit am Schluss Friede und Eintracht herrscht.

Bei den Frauen aus Deutschland und den verschiedensten Herkunftsländern ist dies nicht anders. „Emanzipation will gelernt sein.“ weiß Marie-Theres Kroetz-Relin. „Hat man dies verinnerlicht, erreicht jede Frau Selbstbewusstsein. Die Toleranz steigt, und ein Miteinander unter den Kulturkreisen wird möglich“, ist sich die Trostbergerin sicher. „Trostberg ist nur eine Kleinstadt. Doch wenn die Integration hier im Kleinen gelingt, gelingt sie auch im Großen.“

Die Schauspielerin denkt schon weiter: an ein Frauentheater, Frauenausflüge, Frauenstunden im Schwimmbad und vieles mehr.

 

Das Frauenkino findet für jede interessierte Frau (auch aus der Umgebung) jeden letzten Montag im Monat um 15.30 Uhr statt.

© Christine Limmer, erschienen im Trostberger Tagblatt am 27.09.2017