Die etwas andere Rezension zu „Szenen keiner Ehe“ von Rea Park

[…] Ich hoffe ich kann Ihnen mit meinen Ausführungen einen weiteren Motivationsbaustein liefern und Sie bitten durch Ihren Mut auch weiterhin ein Leuchtturm für uns Frauen zu sein.

Liebe Frau Relin,

Ihr gemeinsames Buch „Szenen keiner Ehe“: die Empfehlung einer Freundin. Die ersten Seiten: ich fühle mich wie ein Voyeur. Aber dann passiert es: …….plötzlich reise ich mit Ihnen aber durch meine eigene Vergangenheit. Ich muss mich beim Lesen immer wieder justieren, nein, das ist nicht mein Leben, aber wenn man Protagonisten und Orte austauscht, eben irgendwie doch. Auch ich und mein Ex-Partner J.P haben in zwei Ländern gelebt, 17 Jahre lang. In unserem Häuschen am Gardasee (pardon, sein Haus, darauf würde er bestehen, eine Limonaia mit Pool und Olivengarten) und jeweils in einem eigenen Haus in der Nähe von Stuttgart. Unsere Szenen keiner Ehe (wir waren nie verheiratet) anders und doch ähnlich:

Er erfolgreicher Künstler (Komponist) wohlhabend. Ich, Autorin, Medienproduzentin, Fotografin und, wie Sie, um Aufträge und Jobs kämpfend. Neben ihm fühlte ich mich chronisch als Looser, er verdiente mal schnell mit einer Komposition so viel, wie ich in einem ganzen Jahr. Auch er ein lauter Mann mit einem knackigen Humor. Szenen keiner Ehe:

In der Medienbranche als Frau zu überleben ist hartes Brot (wem erzähl ich das). Wenn ich so richtig gefrustet bin, weil sich wieder mal ein Projekt zerschlagen hat ( z. B. mein Hauptdrehbuchkunde in die Insolvenz gegangen ist), versucht er mir einzureden, ich wäre nicht wirklich kreativ (dabei werde ich gerade wegen meiner besonderen Kreativität gebucht) Auch er ein Meister im Austeilen. Da mein Komponist keinen geraden Satz texten kann, verbitte ich mir solche Kommentare. Der Künstler ist daraufhin mindestens drei Tage beleidigt. Dann ein Anruf: „Ich hab dir tausend Euro überwiesen.“ Na, das wurde auch Zeit, ich habe für unser gemeinsames Essen in den letzten Monaten viel mehr ausgegeben.

In Italien bezahlt er immerhin alles, aber das sind für mich meist nur vier Tage, dann bin ich für Jobs wieder in Deutschland. Szenen keiner Ehe.

Die permanente und manchmal anstrengende Appeasement -Strategie, um den Künstler bei Laune zu halten, auch ich kenne sie und brauche sie nicht zu beschreiben, sie ist in ihrem Buch bestens dargestellt. Seine Bewunderung habe ich nur, wenn ich, wie Sie, von einer Sprache in die andere switche, oder ihm lateinische Inschriften in einer italienischen Kirche simultan übersetzte. Szenen keiner Ehe.

Auch er liebt Shopping. Unser Einkaufstempel: ein Luxuskaufhaus, wo er sich durch die Armaniboutique kauft. Der Frust ist mir anzusehen, weil ich mir gerade nichts leisten kann und auch nichts will. Im Kaffee des Kaufhauses ist er gerne, von hier aus hat man den totalen Überblick, er ist zufrieden und wirft mir gönnerhaft seine Kreditkarte auf meine Untertasse, als ich an meinem Cappuccino nippe und meint: „Na, dann kauf dir halt was, aber nur was Reduziertes.“ Ich schiebe die Karte zurück. So nicht. Szenen keiner Ehe.

Ich gehe früh am Morgen auf den Markt. Nur Biogemüse und Bioobst kommen in den Korb. Dann mein erstes Fotoshooting und noch schnell einen Text korrigieren und mailen. Danach in Hektik was Leckeres kochen. Der Künstler schläft aus und setzt sich dann gutgelaunt an den bereits gedeckten Tisch und versteht nicht warum ich erschöpft bin (ich renne seit sechs Uhr) und mich für seine mitgebrachten Problemchen (seine Tochter hat ihn am Telefon weggedrückt) nicht interessiere.

Die Spülmaschine kann er nicht einräumen, weil ein wichtiges Businesstelefonat ansteht. Sein Glück, dass wir nicht zusammenwohnen. Ich eile ins Studio und lass mich dort noch viele Stunden von meinen Kunden verschleißen. Szenen keiner Ehe.

J.P. ist vor zwei Jahren gestorben. Er hat mir selbstverständlich nichts von seinen Millionen vermacht, es gibt ja seine Kinder. Ich bin zu der Zeit schon krank und kann nicht arbeiten, ich bitte ihn nur um so viel Geld, dass ich zwei Jahre überleben kann, er bleibt auch im Angesicht des Todes unerbittlich, es wäre von Anfang an klar gewesen, dass er mich nie unterstützen würde. Finale keiner Ehe.

Welche Muster haben in dieser Beziehung Regie geführt. Warum habe ich in diesen Szenen keiner Ehe mitgespielt. Ist der Missbrauch in meiner Kindheit die Ursache. Ich denke, dank Ihres mutigen Outings, zum ersten Mal in diese Richtung. Ein Knoten beginnt sich zaghaft zu lösen. Was bleibt: viele ungeklärte Fragen und vorsichtig angedachte Lösungen. Jetzt sammle ich die losen Fäden ein, um ein neues Lebensgeflecht zu weben. Ich bin noch immer nicht mobil, aber das Schreiben führt mich wieder überall hin. Szenen meines Lebens.

Herzlichen Dank an Sie und Ihren Ex-Partner für Ihr mutiges und inspirierendes Buch. Die Parallelmontage, eine geniale Idee. Der Text in jeder Hinsicht ein literarischer Leckerbissen.

Alles Liebe für Sie beide

Rea Park

© Rea Park Juni 2024