Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern und Afrika in Deutschland
Gemüselasagne und gemischter Salat. Muttern hat drei Stunden liebevoll gekocht und ruft nun die Familie zum Essen. Lange Gesichter setzen sich an den Tisch und murmeln ein angewidertes „BÄH!“ vor sich hin. Nur einer freut sich und greift kräftig zu: der Göttergatte. „So was esse ich nicht!“ „Ich mag ein Nutella-Brot!“ „Igitt, da sind ja Austernpilze drin“ sind die Kommentare ihrer Kinder, während sie lustlos im Essen rumstochern.
Mutterns Appetit lässt vor Enttäuschung auch gleich nach. „Wisst ihr eigentlich, wie viele Kinder Hunger haben?“ fragt sie die apathische Jugend. „Ja! Hast Du uns ja oft genug gesagt, dass täglich 40.000 Kinder sterben. Aber die sind in Afrika und mir schmeckt das trotzdem nicht!“ motzt Girlie. Muttern schweigt und denkt: „Na wartet!“ Nach dem Essen schnappt sie sich das Telefonbuch, sucht, findet, setzt sich ins Auto und fährt in ein entlegenes Viertel der Stadt. Sie geht in eins der Häuser, verlangt den „Chef“ und drückt ihm 50 € in die Hand. Am nächsten Tag holt sie die Kinder von der Schule ab und sagt: „Heute gehen wir zum Essen!“ Aber die Freude der Kinder lässt schlagartig nach, als sie das „Lokal“ sehen. „Mama, was soll das?“ Fragende Blicke. „Heute sind wir zu Gast in der Suppenküche. Hier essen Kinder umsonst, die Zuhause keine warmen Mahlzeiten bekommen. Und wir essen hier, damit ihr merkt, dass es auch „Afrika in Deutschland“ gibt! Guten Appetit!“ Am Abend werden die Reste der Lasagne widerstandslos gegessen und SOO lecker ist der Pudding.
„Aha, so nah ist Afrika!“ denkt Muttern zufrieden.


© Marie Theres Kroetz Relin 2004- erschienen in "Die Aktuelle" Heft Nr. 07
 
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