Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Weibsstück - Berlin, ohne Baby!

 „So hat der Papa ausgesehen, als du ihn kennengelernt hast?“ fragt mich mein Sohn. Ich nicke lächelnd. „Der war aber fesch!“Wir schauen uns gemeinsam Kir Royal an. „Das war vor 23 Jahren ein echter Straßenfeger.“ Er schaut irritiert. „So nennt man das, wenn Leute zu Hause bleiben, nur um eine TV-Serie anzugucken.“ - „Der Papa war ein echter Star?“ Ich muss lachen. „Ja! Jede wollte Baby Schimmerlos, aber ich hab ihn mir geschnappt.“ Nun lacht er. „Super, Mama, sonst wären wir jetzt nicht da!“ Pause. „Mir gefällt, dass es einerseits lustig und anderseits so traurig ist.“ Ich nicke. „Das war eine richtig gute Satire.“ - „Eine was?“ Ich überlege. „Satire ist eine überspitzte Wirklichkeit. Und Humor ist, wenn man trotzdem lacht.“ Nun überlegt er. „Macht der Papa nun die Fortsetzung von Kir Royal?“ Ich seufze. „Dein Papa ist ein Mann mit Rückgrat, eben der echte Kroetz. Beim Helmut Dietl, so scheint’s, hat das Alter am Genie des Filmemachers genagt. In dem neuen Drehbuch, sagte mir der Papa, stecke zu viel Zynismus, zu wenig Humor, zu viel Menschenverachtung und zu wenig Menschenliebe, zuviel Arroganz und zu wenig Herz. Weder Dir noch mir würde so ein vertrottelter Bayer in Berlin gefallen. Und drum fällt Deinem Papa die traurig historische Rolle zu, den Schimmerlos vor seinem Erzeuger beschützen zu müssen.“ Er schaut enttäuscht, er hätte gerne seinen Vater als  wilden, ergrauten Klatschreporter auf der Leinwand gesehen.„Berlin, ohne Baby?“ Ich nicke. „Schade drum!“


© M.Th. Kroetz Relin 2009- erschienen in "Die Aktuelle"   Heft 21
 
< Zurück   Weiter >
2017 Marie Theres Kroetz Relin
WEB-Design - Martin Wagner - PHP,MYSQL,Joomla