Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern geht über Grenzen
„Frauen, die Mauer des Schweigens bröckelt, das Bewusstsein verändert sich“, beginnt Muttern ihre Aufklärungskampagne. „Gegen euch pakistanische Powerfrauen wirken wir Westlich-Emanzipierten wie Federn im Wind!“ ruft sie den verschleierten Frauen zu und zieht sich wieder das Tuch über die Nasenspitze, damit ihr nacktes Gesicht niemandem peinlich sein muss. „In Eurem Land können zwei Drittel der Männer, aber erst ein Drittel der Frauen lesen und schreiben! Bildung heißt das Zauberwort!“ Mutterns Kehle ist trocken. „Wir können für die Gesellschaft weit mehr leisten, als nur Kinder erziehen! Egal ob bei Euch oder im Westen. Starke Frauen sind der Kern jeder Zivilgesellschaft! Und deshalb haben die Männer Angst, dass wir die Oberhand gewinnen.“ Sie macht eine Pause. „Auch wenn ich sehr wohl weiß, dass eure Sorgen eher einem Eimer sauberen Wassers gelten.“ Sie schluckt, die Hitze schlägt ihr ins Gesicht. „Ihr Vorkämpferinnen, die Revolution der Frauen hat begonnen! Frauenrechte sind keine westliche Idee, sondern eine weltweites Grundrecht! Deshalb: Zusammenhalten um zu verändern!“ Muttern greift nach dem Glas Wasser und entfernt, etwas irritiert, das Geschirrtuch vor ihrem Mund. Sie nimmt einen Schluck und blickt auf die Zeitung, deren Artikel  sie in der Phantasie über die Grenzen Ihres westlichen Denkens geführt hat, weit weg, in ein fremdes Land. „Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ seufzt sie „Zumindest im Kopf. Hausfrauen hätten so viel Macht!“
Sie steht auf.
Der Weg ist das Ziel, auch über die Grenzen, nicht wahr, Muttern?



© Marie Theres Kroetz Relin 2004- erschienen in "Die Aktuelle" Heft Nr. 30
 
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