Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
REVUE - That’s Egotainment!
Ausgerechnet ich soll Ihnen erklären, wie Liebe NICHT gelingt! Dabei habe ich es schließlich 18 Jahre an der Seite eines Mannes, schlimmer, eines Dichters ausgehalten. 18 mal 365 mal 24 Stunden - machen Sie mir das erst einmal nach! Von wegen, „die Ehe sei gescheitert“, wie es öffentlich hieß - so ein Schwachsinn! Den Nobelpreis für „Beziehung unter außergewöhnlichen Bedingungen“ hätten wir für unsere ausdauernde Liebe bekommen sollen!
Und nun: Willkommen in der Welt des Egotainments! Beim Versuch zu erklären, wie Liebe nicht gelingt, habe ich quasi nach einer Zusammenfassung aller Beziehungs-Probleme gesucht, die für das „Scheitern“ einer Beziehung sorgen können (wobei mir das Wort „Scheitern“ nicht gefällt, denn Beziehungen sind wichtige Entwicklungsphasen im Leben). Da so ein Sammelbegriff nicht vorhanden war, habe ich sie kurzerhand erfunden: It’s Egotainment! - das die Liebe kaputt macht!
Sie verstehen nicht was ich meine? Ganz einfach: der Entertainer ist ein Unterhalter und Egoisten dürften allen reichlich bekannt sein. Ergo ist Egotainment eine „ichbezogene Unterhaltung“ und wenn sich so etwas in einer Beziehung breit macht, zieht einer der Beiden den Kürzeren.
Intensive Lebensgefühle zwischen Freude und Leidenschaft, Träumen, Tränen und Eifersucht, gepaart mit Hoffnung und Sehnsucht werden auf „Bühne der Liebe“ präsentiert: Zu Beginn des Liebesdramas ist jeder noch eine Persönlichkeit für sich. Drum hat man sich ja verliebt. Keiner verlangt eine Veränderung oder Verstellung des Partners. Zwei gleichberechtigte Hauptdarsteller tummeln sich unter dem Scheinwerfer der Liebe. Erst im zweiten Akt, im Alltag, wirft das Zusammenleben die ersten Probleme auf, spätestens dann, wenn zwei Zahnbürsten im gleichen Glas landen. Jeder buhlt um die Hauptrolle, einer mutiert zum Star seines Egotainments und der andere bleibt auf der Strecke. Oder er muss seine eigenen Bedürfnisse verdrängen, um sich wenigstens noch in der Nebenrolle zu behaupten. Verdrängung und Verstellung heißt Abhängigkeit, egal ob finanziell oder seelisch, man verliert sich, schon um den drohenden Konflikten auszuweichen und vergisst dabei, sich selbst zu finden. Nun sucht man einen Schuldigen, zum Beispiel den Hauptdarsteller, für die eigene Misere und versteckte Vorwürfe werden lawinenartig zum handfesten Streit.
Als Zuschauer eines solchen Liebesdramas kann man in den meisten Fällen nur ungläubig den Kopf schütteln. Aber wenn das Schweigen ausbricht, die pantomimische Einlage des Dramas, und sich Ohnmacht und Gleichgültigkeit ausbreiten, beginnt der Zerfall der Beziehung. Denn das Schweigen, vor allem das der Männer, ist Trennungsgrund Nummer eins auf deutschen Bühnen! Das Ende, der Vorhang fällt.
Im Volksmund spricht man immer von seiner „besseren Hälfte“! So ein Schwachsinn, das muss man sich mal bildlich vorstellen: zwei Hälften „ergänzen“ sich und nennen sich ein Paar, aber wenn jeder nur noch ein Bein hat, dann können sie sich nur noch gemeinsam fortbewegen oder gar nicht mehr. Und bei einer Trennung haut es dann den auf die Schnauze, der kein neues Standbein hat.
Die Frage nach der Zukunft beginnt demnach bei uns selbst und somit auch jede Veränderung: lieber ZWEI zufriedene Ganze, als zwei geschrottete Hälften!
Darum sollten wir uns immer wieder daran erinnern, wer wir zu Beginn waren und warum wir uns verliebten.
Wir, die Hauptdarsteller einer Liebe.
Applaus für ein Happy End- wenn es denn gelingt.
Ohne Egotainment?!
Oder mit, denn: the show must go on.





© Marie Theres Kroetz Relin erschienen in REVUE Heft 13 am 22.03.07
 
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