Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern und Liberty-City
Muttern steuert mit Popcorn und Getränken aufs Wohnzimmer zu. Ihr Sohn und seine Freunde hängen vor der Glotze und spielen leidenschaftlich Play-Station. Der Blick der Kinder klebt auf dem Bildschirm, die kleinen, flinken Finger kennen all die Knöpfe auswendig, um die Figuren zum Leben zu erwecken, fast so, als ob sie selbst ferngesteuert wären. 

„Hi Jungs.“ sagt Muttern, als sie das Zimmer betritt, „Hier gibt’s was zur Stärkung!“ Ein begeistertes „Oh, danke!“ ertönt, trotzdem wird sie nicht weiter beachtet, denn das Spiel muss schließlich weiter gehen. Fassungslos beobachtet Muttern die Aktionen auf der Mattscheibe: Da geht ein mit einer Lederjacke bekleideter Teenager auf eine Frau los, prügelt sie mit einem Baseballschläger zu Tode und zündet sie im Anschluss auch noch an! „Sagt mal, tickt ihr noch richtig? Was spielt ihr denn da für ein Spiel? Da wird eine Frau ermordet!“ schimpft Muttern. „Mama, der Spieler bekommt einen Extrabonus, wenn er eine Prostituierte von der Straße aufliest und dann tötet.“ Muttern nimmt die Hülle des Spiels. „Das Spiel ist erst ab 16 Jahre freigegeben! Ihr seid grade 11! Von wem habt ihr das?“ – „Das ist das neueste Kult-Game! Papa hat es mir zum Geburtstag geschenkt!“ und fügt etwas verschämt hinzu: "Mama, man kann die Nutten auch bomben." -  „Wie bomben? Du meinst sprengen?" - "Nein, Mama, wie heißt das gleich wieder? Ach ja, bumsen!" Kinnlade offen, Muttern ist sprachlos.
Während die Spiele-Industrie über Leichen und ahnungslose Eltern geht!
Life in Liberty-City, Muttern!

© Marie Theres Kroetz Relin erschienen in "Die Aktuelle"  Heft 39

 
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