Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Leading Ladies Award - and the winner is...
Laudatio für Claudia Stöckl - Kategorie Medien

The leading lady of the radio. Wissen Sie wie sehr mich das freut? Denn ich stand als Jurorin vor einem ernsthaften Problem. Als ich mir die Liste der nominierten Ladies anschaute, waren fast alle im TV tätig. UND ICH HABE KEINEN FERNSEHER! Nicht weil ich mir diesen nicht leisten kann, sondern weil das mein persönlicher Luxus ist.
Das muss heutzutage dazu sagen, denn in einer Umfrage gaben 73 Prozent der österreichischen Jugendlichen auf Platz 1 an „Armut bedeutet keinen Fernseher zu haben!“ – von indischen Straßenkindern hat diese Generation wohl noch nichts gehört – wohl aber Claudia Stöckl, die die Verantwortung für 250 ehemalige Straßenkinder in Kalkutta übernommen hat.
Demnach wäre ich mit meiner medialen Wahl etwas in Bedrängnis geraten, wenn ich nicht ein absoluter Radiofan wäre. So ließ ich mein Herz entscheiden für eine Frau, die mir persönlich viel bedeutet. Immer, wenn ich meine Mama in Kärnten auf der Alm besuchte und stundenlang durchs schöne Österreich fuhr, wählte ich als Uhrzeit „Frühstück bei mir“ – zwei Stunden Begleitung einer warmherzigen lebendigen Stimme, intelligenten Fragen und dem gemütlichen Kaffeetassen- Geklapper. Und manchmal ertappte ich mich dabei etwas langsamer zu fahren, damit ich auch ja nix verpasse. Claudia Stöckl gehörte zu meinem Nachhause kommen. Und zum Abschied nehmen. Sie war also Vorfreude und Trost in einem. Ich hatte bei ihr immer das Gefühl, dass sie genauso getragen ist von einer Sehnsucht nach Tiefe, einem Dahinterschauen, wie ich. Ihre Gäste waren oder sind niemals Stars, sondern immer Menschen. Leere Floskeln haben bei ihr keine Chance – sie hinterfragt solange, bis aus der Leere ein besonderer, einmaliger, persönlicher Satz wird. Sie begegnet ihren Gästen immer auf Augenhöhe. Warum? Weil es eine Frau ist, die nicht stehen bleibt. Sie studiert nächtelang Biografien, Artikel und Philosophien. Sie liebt Reisen, Laufen, Yoga, ihre Straßenkinder in Kalkutta und die Karottensuppe ihrer Mutter. Sie nimmt Herausforderungen gerne an, ist eine Kämpferin, wenn’s sein muss auch gegen Windmühlen, sie besitzt einen unerschütterlichen Glauben – one god - many faces - und lebt nach Brechts Motto: „Ändere die Welt, sie braucht es.“ Sie weint gerne und oft, und ist stark und zerbrechlich zugleich. Und sie bleibt sich treu in ihrer kritischen Haltung als Journalistin, die durchaus auch Empathie erlaubt. Und wenn sie lacht und weint mit ihren Gästen, wird zwar beim Frühstück oft der Kaffee kalt, aber das Gespräch bleibt warmherzig.
Kurz: sie besitzt etwas, was in unserer schnelllebigen überbebilderten Zeit viel zu sehr in den Hintergrund gedrängt wird, nämlich: Herzensbildung!
„Weil man nur berühren und bewegen kann, wenn man berührbar bleibt und bewegen möchte.“ sagt Claudia über sich selbst. Das ist ihr seit 13einhalb Jahren, 675 Sendungen, 675 Gästen und 675 Lebensgeschichten wahrlich gelungen. Und drum hört man ihr immer wieder gerne zu. Claudia Stöckl ist eine Seltenheit in der Medienlandschaft – und auch ein Stückl von mir.

© Marie Theres Kroetz Relin 2010 für Leading Ladies Award - MADONNA - Verleihung am 8.6.2010 in Wien
 
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