Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern und der Blick in die Zukunft
Mystische Stimmung: Kerzenlicht, Räucherstäbchen und eine Glaskugel. Muttern beschwört die Geister und wagt einen Blick in die Zukunft. „Wie geht es mir in 26 Jahren?“ Hellsehen erfordert tiefe Konzentration. Sie atmet leise und nach kurzer Pause flimmern erste Bilder in der Glaskugel: Muttern sieht sich selbst mit 67 Jahren. „Hey, was machst du denn da?“ Muttern klopft irritiert gegen die Kugel. „Ich stopfe Socken!“ antwortet das zukünftige „ich“ -  „Wieso kaufst dir keine Neuen?“ schimpft die „Hier und Jetzt“- Muttern. „Weil ich keine Kohle habe, meine Liebe! Genieße deinen jetzigen Luxus, denn mit 67 Jahren, wenn du in Rente gehst, wirst du nämlich alt aussehen! Du wirst NICHT zu den 11 Prozent der Frauen gehören die 45 Versicherungsjahre nachweisen können. Die Erziehungszeiten für deine drei Kinder werden angerechnet, nützen aber nix: Du wirst über ein Gesamteinkommen von 651,99 Euro pro Monat verfügen. Minus 450 Euro für die Miete deiner 2-Zimmer-Wohnung, für Versicherungen und sonstigen Kosten, bleiben dir etwa 200 Euro im Monat für Lebensmittel, Kleidung und Co. Die Zeitungen hast du abbestellt, die Telefonrechnung bezahlen deine Töchter...“ Wütend klopft Muttern auf den Tisch. „Wie soll ich denn von dieser Rente leben? Mein Leben lang habe ich gearbeitet und...“ - „Meine Liebe, jammere nicht!“ sagt die Stimme aus der Kugel. „Schon im Jahr 2007 leben in Deutschland fast 2 Millionen Rentner von 650 Euro im Monat und dabei liegt die offizielle Armutsgrenze bei 856 Euro!“ Ein Blick in die Zukunft, ohne Wahrzusagen.



© M.Th. Kroetz Relin 2007- erschien in "Die Aktuelle"   Heft 12
 
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