Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern und Othello
„Du hast WAS gezählt?“ empört sich Muttern in der Loge, während auf der Bühne Desdemona Othello ihre Unschuld beteuert. „Du hast jetzt schon 13 mal diesen Typen im Parkett ansehen!“ zischt ihr der Mann an ihrer Seite entgegen. „Wie bitte?“ - „Wahrscheinlich ist das auch seine Telefonnummer, die du auf deiner Zigarettenschachtel notiert hast!“ 
„Welche Nummer?“ stutzt Muttern „Ach so, meine Extra-Ausgaben!“ Sie will sich verteidigen, aber umsonst: „Jetzt wird mir alles klar! Du wolltest nur Schuhe kaufen gehen und warst zwei Stunden weg! Zwei! War es wenigstens schön mit ihm?“ Muttern reicht es: „Pass mal auf, mein Guter: Du leidest unter dem Othello-Syndrom, dem Eifersuchtswahn! 80 Prozent aller Deutschen sind eifersüchtig, davon sind 32 Prozent der Männer und 28 Prozent der Frauen krankhaft eifersüchtig! In der rechten Gehirnhälfte sitzen, medizinisch gesehen, die negativen Gefühle und bei so einer Eifersuchtsattacke rutscht der Hirnbotenstoff Serotonin in den Keller. Das führt in der Psyche zu einer Art Tunnelblick: Das Gehirn klammert sich nur noch an die kleinsten Details, die plötzlich eine alles beherrschende Bedeutung bekommen.“ Während Desdemona auf der Bühne erdrosselt wird, springt Muttern auf und schreit in das gebannte Publikum: „Eifersucht kann tödlich sein! Der Typ braucht doch eine Therapie!“ Der Wecker rasselt, Muttern wacht schweißgebadet auf. „Mann, bin ich froh, dass ich Single bin!“
Immer dieses Theater, Muttern!

© Marie Theres Kroetz Relin erschienen in "Die Aktuelle" Heft 32
 
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