Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern, Dein Wille geschehe

„Hey, du!“ flüstert Muttern mit ganz leiser Stimme. „Ich will raus aus meiner Haut, ich mag nicht mehr. Kannst du mir nicht helfen, aus dem Knast in meinem Hirn zu entkommen? Vor ein paar Tagen hat eine 19-jährige bei ihrer Haftentlassung eine andere Gefangene aus dem Jugendgefängnis geschmuggelt. Weißt du wie? In einem Koffer! Kannst du mich nicht auch mitnehmen? Ich bin hier falsch, ich mag nicht mehr „Muttern“ sein. Vier Jahre wurde ich jetzt von dir niedergeschrieben, 212 Kolumnen bin ich alt. Aber ich habe mich verändert, wie die Zeit sich auch. Das Wort „Mutter“ wird in den Medien, der Politik und so manchen Büchern zu Endlos-Diskussionen missbraucht. Nach „Werten“ wird gesucht und darüber gelabert, aber nichts getan. Alle reden über Apfel-Eva, die Bestseller-Autorin, alle reden über ihre Verteidigung des „Mutterseins“, die bis in bräunliche Vergangenheit reicht, aber keiner fragt sich, warum Evas Mutter eine Hartz IV-Empfängerin ist. Weiß doch jeder, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt, oder? Mutter sein ist eine Selbstverständlichkeit, wenn frau sich entschieden hat, eine zu werden. Tochter sein auch, wenn frau die Leistung der mütterlichen Liebe zu schätzen weiß. Ich weiß, was ich als Mutter wert bin, aber ich möchte mich nicht mehr hinter diesem Namen verstecken, sondern lieber das sein, was ich gerne bin: ein freches Weibsstück!“
Koffer gepackt, Türe zu und Tschüss.
Dein Wille geschehe, Muttern.


© M.Th. Kroetz Relin 2007- erschienen in "Die Aktuelle"   Heft 45
 
Weiter >
2017 Marie Theres Kroetz Relin
WEB-Design - Martin Wagner - PHP,MYSQL,Joomla