Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern und die Berufung
„Ich versteh das nicht, ich versteh das nicht!“ murmelt Muttern mit Tränen in den Augen. „Zum dritten Mal durchgefallen, abgelehnt, keine Chance. Kein Weiterkommen nach der zweiten Runde. Einfach aussortiert.“ Muttern jammert gegen die Küchenwand, als ob sie vor der  Klagemauer stünde. „Die Begründung können Sie in 14 Tagen telefonisch erfahren.“ äfft sie bissig nach. „Wie gemein: zwei Wochen soll ich warten, um endlich Bescheid zu wissen, warum die Leistung nicht für ein Studium ausreichend wäre!“ Eine Träne, unentschieden zwischen Wut und Verzweiflung, kullert über ihr Gesicht. „Dabei war doch wirklich alles perfekt und liebevoll vorbereitet. Allein diese tolle Bewerbungsmappe! Einfach abgelehnt!“ Ungeduldig klappt Teenie die Mappe zu. „Mama! Kannst du endlich aufhören, nur an dich und deine Gefühle zu denken? Ja, Mama, ich weiß: Muttis sind auch nur Menschen und sie wollen immer nur das Beste. Sie fordern das Recht auf Weiterbildung und berufliche Einstiegschancen. Aber die gleichen Muttis erklären dir im nächsten Moment, dass frau den Mut haben sollte, auch mal abgelehnt zu werden. Fazit: wenn Muttis noch mal auf die Welt kommen, dann sollten sie auch einen Beruf erlernen!“ sagt Teenie im therapeutischen Ton zu Muttern und faucht dann hinterher: „Mama, es ist ja schön, dass du für mich so leidest, aber schließlich bin ICH durchgerasselt!“ Das Muttersein ist eine ewige Berufung – und: kleine Kinder, kleine Sorgen, große Kinder, große Sorgen!


© M.Th. Kroetz Relin 2007- erschien in "Die Aktuelle"   Heft 10
 
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