Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern ist platt
„Kinder, ich bin einkaufen und ein paar Besorgungen machen“ ruft Muttern durchs Haus und springt mit Elan ins Auto. „Erst zum Computerladen und zur Reinigung, dann Schlüssel nachmachen lassen. Den Großeinkauf erledige ich auf dem Rückweg...“ Sie überprüft im Kopf die Liste und den Zeitaufwand und biegt schwungvoll in die Seitenstraße ein.  Plötzlich gibt es einen heftigen Knall und alles schwankt. Muttern behält den Wagen unter Kontrolle. „Ich bin doch nirgendwo dran gefahren?“ fragt sie sich erschrocken, bleibt stehen und steigt aus. Ein Reifen ist platt! Ein altes Metallstück am Boden war der Übeltäter. Muttern motzt vor sich hin, aber sie krempelt die Ärmel hoch und beginnt mit dem Radwechsel. Als ihr schließlich männliche Hilfe angeboten wird schmunzelt sie: „Doch praktisch, dem „schwachen Geschlecht“ anzugehören.“ Sie schaut den Männern zu und wartet. Und wartet. Ein Gedicht von Bertolt Brecht fällt ihr ein: „Ich sitze am Straßenrand, der Fahrer wechselt das Rad. Ich bin nicht gern, wo ich herkomme. Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre. Warum sehe ich den Radwechsel mit Ungeduld?“ Nach einer Stunde sind die Herrn der Schöpfung ratlos: der Ersatzreifen blockiert das Auto und der Wagen muss abgeschleppt werden. Fazit: vier Stunden unterwegs und nichts erledigt! Ein Loch im Reifen, eins in der Haushaltskasse und gähnende Leere im Kühlschrank. Muttern ist ebenfalls platt: diese persönliche Freizeit ist echter ein Genuss!



© Marie Theres Kroetz Relin 2006- erschienen in "Die Aktuelle" Heft Nr. 20                                          
 
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