Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Weibsstück - Fischig
Was den Alltag auf einer südländischen Insel wirklich lebenswert macht, ist der frische Fisch. Jedes Mal freue ich mich, im Supermarkt die Fischtheke zu erreichen und meine Augen über die Vielfalt der Meerestiere gleiten zu lassen. Frischer Tun- oder Tintenfisch, Sardinen, Goldbrassen, Krabben und Muscheln warten auf mich und schon beim bloßen Gedanken läuft mir das Wasser im Mund zusammen. So auch heute, ich düse im gewohnten Tempo erst an Getränken und Putzmitteln vorbei, mein Einkaufswagen füllt sich, nun nach rechts und Richtung Fisch. Und ich erstarre. Mir bleibt die Luft weg und Tränen schießen mir in die Augen: meine Fischtheke ist weg! Stattdessen steht vor mir ein gigantisches Kühlregal, gefüllt mit riesigen blauen Plastikschachteln. Jeder Fisch, jede Meeresfrucht wurde einzeln verpackt und liegt da wie ein trauriger Leichnam im Plastik-Outfit. Ich fasse es nicht. Wie viele Arbeitsplätze wurden geopfert? Welche Umweltverschmutzung! Ich besehe mir die Fische: ich kann nicht erkennen ob sie klare Augen haben, ich kann niemanden fragen, wie man sie zubereitet, ich weiß nicht, wann sie verpackt wurden- nur wann sie schlecht werden. Erst 1953 wurde Plastiktüte erfunden! Heute heißt es: ohne Plastik keine Ware, alles muss verpackt werden. Dabei schmeißt die Wegwerfgesellschaft vieles weg, auch den menschlichen Dialog. Der Fisch fängt bekanntlich beim Kopf  an zu stinken... das werden wir aber erst merken, wenn uns die Müllberge über den Kopf wachsen.
Heute kauf ich keinen Fisch!


© M.Th. Kroetz Relin 2009- erschienen in "Die Aktuelle"   Heft 07
 
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