Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern und der Feind hört mit
„Das kann ich dir jetzt nicht erzählen!“ sagt Muttern ins Telefon, mit einem Seitenblick auf ihre Tochter, die wieder mal ihr Ohr direkt am Hörer geparkt hat. „Nein, wirklich nicht: der „Feind“ hört mit!“ Girlie jault wie eine Sirene: „Na toll, Mama! Du bezeichnest deine Tochter als Feind! Das neue Jahr fängt ja gut an! Was bist du eigentlich für eine Mutter?“ Wütend düst sie ab, schmeißt mit den Türen und plötzlich herrscht Ruhe. „Interessant, welche Wirkung ein einzelnes Wort haben kann!“ grinst Muttern, endlich kann sie ungestört reden. Nach ihrem Telefonat rauscht Girlie wütend und geschäftig an ihr vorbei, bewaffnet mit dem Vorsatz, mit ihrer Mutter nie wieder ein Wort zu wechseln. „Pass mal auf!“ sagt Muttern in ruhigem Ton, nachdem sie das Theater eine Weile beobachtet hat, „Ich habe überhaupt keine Privatsphäre mehr! Egal was ich tue, immer werde ich beobachtet und meine privaten Dinge werden sofort weitergetratscht! Ich habe einen Mini-Geheimdienst daheim, der mich ständig kontrolliert! Stasi, quasi? Ihr verlangt aber von mir, dass ich euch nie ausfrage, außer ihr erzählt freiwillig. Das ist mein Vorsatz für das neue Jahr: ich fordere das gleiche Recht für mich! Und Übrigens: ich gehe jetzt zum Tanzen!“ Ende der Durchsage. „Mama?“ fragt Girlie vorsichtig am Wochenende „Wenn nun etwas gaaanz Schlimmes passiert und ich dich nicht erreichen kann, weil dein Handy keinen Empfang hat... ähm, also im Notfall, wen kann ich denn dann anrufen?“
Der „Feind“ liebt dich, Muttern!


© M.Th. Kroetz Relin 2007- erschien in "Die Aktuelle"   Heft 01
 
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