Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Weibsstück - Amerikanisches Roulette
„Komm ins Casino, dort spiele ich.“ - „Hä?“ - „In der Band, Saxophon.“ - „Casino kenne ich nur im Film. Komm ich da einfach so rein, auch ohne zu spielen?“ Er nickt. Gesagt, getan. Aufgedonnert wie ein Filmstar stöckle ich zur Spielbank. Ausweis, Adresse - „bitte kurz in die Kamera lächeln“ - selbst ein Foto ist für den Spielerausweis obligatorisch. Mir wird mulmig, es riecht nach Geld. Ein edler kalter Raum, die einsame Band und graue Gestalten, die sich auf der Tanzfläche tummeln. Blauäugig stelle ich mich ans amerikanische Roulette. Einmal spielen für 20 Euro. Der Croupier schiebt mir 8 müde Jetons zu. Während die anderen Spieler eifrig bis zu 50 Chips auf dem Tisch verteilen, grüble ich krampfhaft, auf welche Zahl ich setzen soll. Die Kugel dreht sich im Rad und fällt. „Jetzt habe ich schon wieder 250 Euro verloren“, jammert eine ältere Frau im Chanel-Outfit und kauft gleich weitere Wertmarken. „Dumme Gans.“ denke ich fassungslos, „Wie viel Kohle hier über den Tisch wandert!“ Es gibt zwei Arten von Spielern: dubiose Gestalten, die das Glücksspiel zum Geldwaschen nutzen, denn die Gewinne sind steuerfrei. Und Spielsüchtige, viele weiblicher Natur. Alle Altersklassen. 200.000 Süchtige gibt es in Deutschland und deren Schuldenstand wird auf 50.000 Euro pro Spieler geschätzt. Was für eine traurige, sinnlose Welt!
Und „in groß“ löst der leichtsinnige Umgang mit Geld eine Finanzkrise aus. Nur dieses amerikanische Roulette müssen wir alle ausbaden.



© M.Th. Kroetz Relin 2009- erschienen in "Die Aktuelle"   Heft 14
 
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