Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern und die Märchenzeit
„Ende. Basta!“ sagte Muttern energisch und schaltete den Fernseher aus. „Heute ziehen wir uns mal nicht die täglich 700 Fernseh-Toten rein, lassen uns nicht durch die TV- Werbung verblöden und werden niemanden, weder mit der Playstation noch mit dem Gameboy, jagen, auffressen oder abknallen!“ Enttäuschte Kinderaugen starren Muttern an und warten gespannt auf eine Alternative.
„Heute machen wir uns einen gemütlichen Abend, mit Popcorn und Kerzenlicht und ich lese euch Märchen vor.“ Die Kinder sind happy. Nachdem alle Vorbereitungen für die Märchenzeit abgeschlossen sind, schaut Muttern in die Runde, bewaffnet mit Grimms Märchen und frägt:
„Was wollt ihr hören?“ „Schneewittchen!“ Muttern überlegt:
Da will die böse Königin das Mädel töten, schafft es beinahe, nach einigen Mordversuchen mit einem vergifteten Apfel und dass alles nur wegen der Schönheit! „Rotkäppchen!“ Wolf frisst Großmutter und verführt, das Mädel! Bravo. „Aschenputtel!“ Vereinsamung, Diskriminierung und zum Schluss abgehackte Zehen. „Hänsel und Gretel!“ Kindesarbeit,  Misshandlung und Tod durch Verbrennen. „Tischlein deck Dich!“
Ja und hier springt auch noch der Knüppel aus dem Sack und verkloppt jeden. „König Blaubart!“
Nein, der hat gleich ne Kammer des Schreckens für seine abgeschlachteten Weiber!
Muttern ist entsetzt. Überall springt ihr Gewalt entgegen. „Wisst ihr was? Lasst uns doch Karten spielen!“ Große Begeisterung bei den Kids. Klappt ja doch noch mit der Familienzusammenführung. Ciao Märchenzeit, auch im TV!
Und Muttern freute sich darüber, wie eine Königin.


© Marie Theres Kroetz Relin 2003- erschienen in "Die Aktuelle" Heft Nr. 48
 
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