Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern und das Klischee
„Der Mensch ist einfach „rückschrittlich“.“ grübelt Muttern. „Nachdem erst erfolgreich das Klischee der „modernen“ TV- Hausfrau gepflegt wurde, stürzen sich jetzt alle Sender auf den kleinen Unterschied zwischen Mann und Frau.“ Sie stopft sich Erdnussflips in den Mund.
„Ist ja auch ein Thema, das uns seit Jahrtausenden beschäftigt.“ murmelt sie ironisch und zappt weiter. Promi-Pärchen geben mit perfektem Lächeln Auskunft über Eheleben plus Gewohnheiten bis hin zum Sex. Muttern starrt gebannt in die Röhre. Jetzt hoppeln die Star-Gäste „typischen“ Spielchen hinterher, die die „wissenschaftlichen“ Studien untermauern sollen. Der Moderator jaucht, pardon, jauchzt überrascht und begeistert bei jedem Ergebnis. Muttern schüttelt den Kopf. „Ein Prosit auf das Schubladendenken und die TV- Unterhaltung! Und auf die Werbung, damit die Klischees zwischendurch nicht unterbrochen werden müssen.“ Sie schaltet entnervt den Fernseher aus und das Radio an: Eine sexy Frauenstimme versucht per Telefon mit allen Tricks einer Eva einen Mann zu einem Date zu verführen. Muttern hört gespannt zu. Nach einigen Minuten hat Eva ihr Opfer überredet, er willigt ein. „Du Schwein, ich will nichts mehr mit Dir zu tun haben!“ schreit eine neue, verzweifelt heulende, weibliche Stimme. „Wenn auch Sie wissen wollen, ob Ihr Partner Ihnen treu ist, rufen Sie uns an unter...“ Muttern dreht dem Radio den Saft ab. „Das ist ja widerlich! Ade Kommunikation - hallo Vorurteil! Und alles muss ordentlich vermarktet werden!
Kein Wunder, dass sich niemand mehr traut!“
Typisch, Muttern?


© Marie Theres Kroetz Relin 2005- erschienen in "Die Aktuelle" Heft Nr. 46
 
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