Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Pressewoche - Die Anführerin

„Ich habe mich daran gewöhnt, mit meiner Utopie namens Hausfrauenrevolution zu leben“ sagt Marie Theres Kroetz-Relin, die mit ihrer Initiative für Furore sorgte. Wer glaubt, Kroetz-Relin hätte resigniert, der irrt: Die 42-jährige Tochter der verstorbenen Schauspielerin Maria Schell, die viele Jahre in Wasserburg lebte, und Ex-Frau des Dramatikers Franz-Xaver Kroetz hat sich selbst gefunden.

Frau Kroetz-Relin, ohne die „Hintergrund-Arbeit“ der Hausfrau wäre unsere Gesellschaft, wie sie ist, nicht denkbar. Warum schafft man diese Rolle, um sie eines Tages wieder zu verteufeln?

Die Rolle der Hausfrau wurde nicht „erschaffen“, sondern ergibt sich zeitgleich mit dem Muttersein. Für mich gehen diese zwei Berufe Hand in Hand. Kinder sind auf uns Eltern angewiesen und zwar solange, bis sie auf eigenen Beinen in unserer Gesellschaft stehen können. Kindererziehung kann einen 24-Stunden-Job bedeuten. Aber, wie sagte Petra Höfels so richtig: „Die Arbeit der Frauen, die die Grundlage für die Existenz unserer Gesellschaft darstellt, wird wieder einmal nicht wahrgenommen. Fehlende Anerkennung weltweit ist Bedingung für die Ausbeutung, die weibliche Leistung jedweder Art erfährt. Frauenarbeit wird qualitativ als auch quantitativ unterbewertet.“

Sie kämpfen mit ihrer Initiative, der Hausfrauenrevolution, um mehr öffentliche Anerkennung für die Hausfrau. Ist überhaupt etwas erreicht worden?

Ich habe mit meiner Hausfrauenrevolution sehr viel erreicht: Ich habe mein Leben total umgekrempelt, hab´ mir einen Beruf „erschrieben“, bin finanziell unabhängig geworden, konnte dadurch die Scheidung einreichen. Ich habe für mein Leben Verantwortung übernommen und versuche das Beste daraus zu machen.
Vor sieben Jahren, als ich die Hausfrauenrevolution gründete, wurde ich mild – so ganz nach dem Motto: „Du arme Irre“ – für diese Initiative belächelt. Damals war das Wort „Hausfrau“ thematisch noch ein Fremdwort. Insofern hab ich erreicht, dass die Problematik wenigstens auf den gesellschaftlichen Tisch kommt....

Sie sagten in einem Interview, immer noch blieben viele Frauen lieber passiv, als ihr Leben in die Hand zu nehmen.

Ehrlich gesagt: ich habe die Frauenarbeit satt. Seit Jahren kämpfe ich darum, dass sich etwas ändert, nur bin und bleibe ich eine Einzelkämpferin. Wenn ich heute zu einem Streik aufrufen würde, würde ich wahrscheinlich die Einzige sein, die erscheinen würde. Der eine Typus Frau hängt in der „Staubsauger- Lethargie“, pflegt seine Co-Abhänigkeit, jammert, will aber um Gottes Willen nichts verändern in seinem Leben. Wäre ja zuviel Aufwand. Der andere Typus Frau kann es nicht verputzen, dass es eine „Anführerin“ geben könnte und verwandelt sich in eine heimtückische Zicke, die mit Intrigen und Stutenbissigkeit versucht, der anderen den Rang abzulaufen. Dazwischen gibt es wenige Exemplare, die solidarisch sind. Frauen können nicht miteinander, sondern gegeneinander. Leider. Drum haben wir gegen die Macho-Gesellschaft auch so wenige Chancen....

Wie war (und ist) die Reaktion von Frauen auf Ihre Initiative?

Immer die Gleiche: zu Anfang sehr enthusiastisch und leidenschaftlich. In dem Moment, wo ein Engagement Arbeit und Ausdauer bedeuten könnte, ziehen sich die Damen wieder leise zurück: „Sorry, für den Kampf gegen Windmühlen leider keine Zeit“.

Eine Ihrer Töchter verkündet, sie wolle heiraten und sich trotz guter Ausbildung nur noch um den Haushalt kümmern. Wie würden Sie reagieren?

Wenn sie sich nur um den Haushalt kümmern würde, ohne Kinder, dann würde ich denken, ich hab´ was falsch gemacht. Wenn sie sich aber fürs Muttersein entscheiden würde, dann würde ich sie verstehen. Den einzigen Rat, den ich ihr mitgeben würde: bleib finanziell unabhängig!

Sie sagten einmal, Ihr Mann habe Ihrem Engagement nie viel Aufmerksamkeit geschenkt. Welche Rolle spielt der Partner für Frauen, die sich emanzipieren wollen?

Mein Ex-Gatte musste der Hausfrauenrevolution im Zuge der Scheidung viel Aufmerksamkeit schenken. Mittlerweile weiß er, was Hausarbeit bedeutet! Frauen, speziell Hausfrauen, wollen immer die „Gute“ sein, tätigen jeden Handgriff allein, könne keine Verantwortung abgeben. Wichtig ist, den Partner mit einzubeziehen und zu motivieren, so dass die gemeinsame Hausarbeit eine Selbstverständlichkeit ist. Umgekehrt sollte jede Frau einen Bohrer zur Hand nehmen können. Wenn Liebe, Gleichgewicht, Anerkennung, Respekt innerhalb einer Beziehung bestehen, gibt es auch keine Probleme.

Welche Rolle spielt die Hausfrauenrevolution aktuell noch für Sie? Sie sind ja nun erfolgreiche Autorin und Journalistin, auch Schauspielerin.

Logisch bin ich noch Hausfrau, oder was meinen Sie, wer bei mir putzt, kocht, Mama-Taxi spielt und Co.? Nur bin ich eben auch noch nebenbei beruflich tätig, muss die Kohle für meine Kinder und mich ranschaffen, bin alleinerziehend – kurz: ich bin rund um die Uhr beschäftigt und mehrfach belastet. Und als Dankeschön stuft mich der Staat in Steuerklasse II ein und besteuert mich wie einen Single... Na super. Ich habe mich daran gewöhnt, mit meiner Utopie namens „Hausfrauenrevolution“ zu leben. Um eine gesellschaftliche Evolution auszulösen, bedarf es einer Bewegung. Der Flügelschlag eines Schmetterlings kann zwar bekanntlich einen Orkan auslösen, aber ob ausgerechnet ich dieser Schmetterling bin, bezweifle ich....

Wie haben Sie sich früher, als „Nur-Mutter-und-Hausfrau“, motiviert, weiter zu machen?

Motivation kommt nie von Außen, sondern von Innen. Wenn ich mich selbst anerkenne, werde ich auch von meiner Umwelt anerkannt. Nur ich selbst bin für meinen „Wert“ verantwortlich. Meine Motivation heißt Zeit. Zeit für mich selbst. Gesang- und Klavierunterricht, Salsa-Tanzkurs, Gleitschirm fliegen, Homöopathie, Reisen, weiter lernen, an Geburtstagen beschenke ich mich selbst, wöchentlich kauf´ ich mir Blumen ... um nur ein paar Dinge zu nennen, die mein Leben lebenswert machen. Eben, weil ich es mir auch wert bin!

 

Das Interview wurde geführt von Elisabeth Reiche

 

© erschienen in Pressewoche am 14.02.09


 
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