Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern und Ohlala
Sommer am Baggersee. Muttern genießt in Ruhe die Zeitung, während Sohnemann im Wasser tobt. „Zidanes Kopfstoß beim WM-Finale hat ja viel ausgelöst!“ murmelt Muttern. „So etwas darf nicht passieren, egal was Materazzi nun gesagt hat!“ Sie liest weiter. „Na, bei den Kindern hat sich der französische Fußballgott entschuldigt. Gut, als vierfacher Vater ist das naheliegend. Aber mit dem nächsten Satz hebt er das Ganze wieder auf: 
"Ich habe reagiert, und alle reden über diese Reaktion. Aber ohne die Provokation vorher hätte es die Reaktion nicht gegeben. Der Schuldige hier, das ist der, der provoziert. Es muss Schluss damit sein, dass immer der bestraft wird, der reagiert." – „Ja wie? Auge um Auge, Zahn um Zahn, oder?“ Muttern schüttelt den Kopf. „Klar, weltweite Reaktionen: der Fußball-Weltverband erklärt, Zidane habe dem Rassismus den Kampf angesagt! Und der Vizepräsident des italienischen Senats beschimpft die französischen Fußballer öffentlich als „Schwarze, Islamisten und Kommunisten“, die gegen die reinrassigen Italiener keine Chance gehabt hätten! Da wird mir übel!“ Erbost hebt Muttern den Blick und sieht, wie Sohnemann sich mit einem fremden Jungen kloppt! Wie eine Löwin hechtet sie dazwischen: „Gewalt ist keine Lösung! Ab nach Hause!“ schimpft sie. Ihr Sohn ist beleidigt: „Der hat angefangen! Aber dafür spiele ich jetzt daheim eine Runde Play-Station und knalle alle ab! Dann geht’s mir besser.“
Ohlala, Muttern, alles  nur ein Spiel?


© Marie Theres Kroetz Relin 2006-  erschienen in "Die Aktuelle" Heft 30
 
< Zurück   Weiter >
2017 Marie Theres Kroetz Relin
WEB-Design - Martin Wagner - PHP,MYSQL,Joomla