Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Mutterns Gedanken-Herbst
„Meine Güte: vor siebzehn Jahren habe ich mein erstes Kind geboren und mitten im Herbst wurde es Frühling in meinem Herzen.“ Muttern stapft nachdenklich durch das bunte Laub. „Wo ist denn nur die Zeit geblieben? Manchmal suche ich sie: unter dem Schrank, im Wäschekorb, im Ofen oder in den Schulranzen - irgendwo muss sie doch stecken, meine erlebte Zeit. Oder hat sie einfach der Alltag mitgenommen?“
Muttern lächelt „Was für ein wirre Gedanken! Der goldene Oktober macht mich immer romantisch-melancholisch. Aber im Herbst muss man nicht mehr von Tulpen träumen- sagt schon eine alte Bauernregel.“ Muttern schnippt das trockene Laub mit den Füßen in die klare Luft und atmet tief ein. „Wenn die Zugvögel sich vereinen, wird der Winter bald erscheinen. Oje - die Vogelgrippe! Die armen Tiere. Jetzt wurde das Virus bei drei Enten aus einem rumänischen Dorf nachgewiesen und sofort ließ der Bürgermeister an einem Tag 15.000 Vögel töten, um die Ausbreitung der Krankheit zu stoppen. Dabei werden die Tiere bei lebendigem Leib in Plastiktüten gestopft, zugeschnürt und -schwupps- auf den Müll geworfen Traurig! Beim Metzger heißt es künftig: bitte ein Pfund BSE, ein Kilo gemischte Schweine- und Geflügelpest und 100 Gramm von der feinen Fleischskandal-Wurst!“ Muttern seufzt und rezitiert in Gedanken wieder Bauernregeln: „Warmer Herbst - langer Winter und wenn es nicht wintert, so sommert es nicht. Aber: so hoch der Schnee, so hoch das Gras. Amen.“
That’s life, Muttern, denn immer wieder wächst über alles solange Gras, bis wir irgendwann in dasselbe beißen.



© Marie Theres Kroetz Relin 2005- erschienen in "Die Aktuelle" Heft Nr. 43
 
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