Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
HFR- Newsletter- Die Auf- Lösung

„Legen Sie Ihre rechte Hand locker auf Ihre rechte Wange. Schieben Sie den Daumen unter Ihr Kinn, so als ob Sie sich aufstützen und die Schwere Ihres Kopfes in Ihre Hand legen wollten. Aber locker bleiben dabei! Der Daumen liegt nun unter dem Kinn, Zeige- und Mittelfinger kuscheln sich zusammen.  Nun bewegen Sie ganz langsam den Ringfinger - von der Nase bis zu den gepaarten Finger und streicheln in zarten Bewegungen über Ihre Wange. Ja, genau, von links nach rechts. Dabei strecken Sie den kleinen Finger von sich, wie ein Adliger, der sein Tasse Tee zum Trinken ansetzt. Streichen Sie circa 6-10 Mal über Ihre Haut. Klappt’s?“

So ungefähr fühlt es sich an, wenn mein Selbstbewusstsein den Nullpunkt erreicht hat. Oder wenn ich mit mir extrem zufrieden bin. Also eher seltener. Eine Geste, die ich schon als Kind machte. Ein Moment des Nachdenkens. Eine Zeit, in der ich nach Geborgenheit suche und mir selbst die Streicheleinheit verpasse, die mir fehlen.
„Behalten Sie die Haltung bei. Der Rhythmus des streichenden Ringfingers sollte nicht unterbrochen werden. Nun kommt nämlich der kleine Finger zusätzlich ins Spiel. Nachdem Sie drei Mal mit dem Ringfinger über Ihre Wange gestrichen haben, stoppen Sie diesen und setzen nun vorsichtig den kleinen Finger auf Ihre Nasenspitze. In kleinen, unscheinbaren Bewegungen kreisen Sie über den Flaum Ihre Nase. So, als wollten Sie die Ihnen fast unbekannten Härchen einzeln abtasten. Nach dreimaligen Drehen setzen Sie erneut Ihren Ringfinger ein. Sie beginnen mit dem Wechselspiel der beiden Finger, während die anderen drei bewegungslos auf Ihrem Gesicht ruhen.“

Zeit zum Nachdenken. Viele Gedanken turnen in meinem Hirn. Auf der Suche nach mir Selbst. Ich kreise um Worte wie zum Beispiel „HAUSFRAUENREVOLUTION“. Und mir fällt auf- ich leide unter Wortausfall.
So zum Beispiel:

HAUSFRAUENREVOLUTION
       S
    U
 A
H

Ist das Haus doch einfach runter gefallen und es bleibt nur noch die FRAUENREVOLUTION übrig.
Ja, mein Haus zerfällt, es hätte dringend eine Renovierung nötig. Aber mein handwerkliches Selbstbewusstsein, lässt zu wünschen übrig. Das Unwissen und die fehlende Praxis sitzen mir im Nacken. Selbst ist die Frau! - kann ich mir da so oft sagen, wie ich will. Von wegen! Was ein Mann kann, kann auch ich! Ja, ja. Aber mit Mann, der’s kann, wäre es eindeutig leichter.
Die Treppe muss renoviert werden. Ärmel hochkrempeln und Beton mischen... ist ja wie Teig anrühren. Klappt schon, wäre doch gelacht. Und -hopp- den Brei mit Schwung an die Wand gehauen und -platsch- mir direkt wieder ins Gesicht. Mist! Stundenlang beschäftige ich mich mit meiner Renovierungsarbeit. Aber nach Tränen, purer Verzweiflung, körperlicher Anstrengung, leichten bis mittelschweren Wutanfällen erreiche ich mein Ziel: der Brei hält. Sieht aber schauderhaft aus. Zeit und Aufwand stehen in keinem Verhältnis. Mein Selbstwertgefühl muss ich mit in die Mischung aus Sand, Beton und Wasser gerührt haben. Und jetzt klemmt es unter der Treppe! Einzementiert sind die ersten Erfahrungen einer Bauarbeiterin. Immerhin. Aber wo der Sinn? Sicher könnte ich mir Handwerker leisten. Aber die Handwerker leisten es sich, die Lady über den Tisch zu ziehen- Unwissenheit lässt sich leichter ausbeuten. Darum möchte ich es selber können. Ein weiter Weg bis zur Zufriedenheit.

„Der Ringerfinger ist nun müde und möchte sich ausruhen. Legen Sie ihn deshalb direkt unter Ihre Nasenlöcher und riechen daran. Das ist ihr Duft! Der kleine Finger zieht nun im Alleingang seine Kreise über die Nasenspitze.“
Können Sie mir folgen? Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, bei den Wortbrocken und dem Rest:

FRAUENREVOLUTION

Fällt schon wieder auseinander.

       ENREVOLUTION
     U
    A
  R
F

Da fällt Sie, die Frau.
Mein weibliches Selbstbewusstsein kann unglaublich aktiv sein. Yeah! Meine Waffen kenne ich, setze sie gezielt ein, mein Charme und meine Power sind ein gutes Team, können überzeugen und manchmal sogar das Unmögliche möglich machen. Was ich erreichen will, das erreiche ich auch. Das steht gar nicht in Frage.
Aber wenn ich liebe- oh, du meine Güte- was bin ich als Frau für ein Trottel! Schrecklich! Ich erkläre den Auserwählten zum Traumprinzen, setze ihn auf den Thron meiner Liebe und wähle mich zeitgleich ab. Na toll! In meinen Träumen tut dieser Mann alles für mich. Und ich kann alles mit ihm machen, alles umsetzen. Sind ja auch meine Träume! Madre mia, wenn ich liebe, denke ich mit den Eierstöcken, meine Hormone setzen den Weichspüler ein und mein Hirn schaltet sich aus. Aber kann man so blöd sein, im Anschluss, in der bitteren Realität, enttäuscht zu sein, wenn sich die Träume nicht freiwillig Wirklichkeit werden? Um der Liebe Willen vergesse ich mich selbst und zerfließe in Selbstmitleid, wenn meine Träume platzen wie Seifenblasen. Ungefähr so: „Ich will ja nur lieben und geliebt werden -huhuhu- ich tu doch nichts...“ Ja, du dumme Gans, mit deinem Bedürftigkeits-Geheule. Deine Wünsche musst du umsetzen, dazu brauchst du niemanden, außer dich selbst. Schätze deinen Wert, dann weißt du auch was du wert bist!

Jetzt bin ich extrem nachdenklich.
„Bleiben Sie in der gleichen Haltung (Ringfinger = Nasenlöcher- kreisender kleiner Finger = Nasenspitze- andere Finger in Ruheposition). Legen Sie nun Ihre Zungenspitze zwischen Ihre Zähne, so als ob sie ein englisches „th“ aussprechen wollten. Aber nicht beißen! Beginnen Sie nun ihre festgehaltene Zunge langsam zu bewegen und schlagen diese leicht gegen den Gaumen. Nein, nicht Schlagen, es ist eher ein Nuckeln. Langsam, genüsslich. Und die Nasenspitze nicht vergessen!“

    ENREVOLUTION
   E
N

Oje, jetzt ist mit der Frau auch noch Ihre Gefolgschaft abgestürzt! Seit 5 Jahren kämpfe ich FÜR Frauen. Seit 5 Jahren arbeite ich MIT Frauen. Ich hab ja einige Erfahrungen gemacht, mit einzelnen Individuen namens Frau, durchaus Positive. Erfolgreiche. Aber von wegen: Zusammenhalten um zu verändern. Klappt nicht. Reine Utopie. Macht den Weibern zuviel Arbeit. Masse Frau kämpft gegen ihr eigenes Geschlecht- und sich selbst. Würde ich heute zu einem Streik oder einer Demo aufrufen, ich wäre froh, wenn sich wenigstens 5 meiner Mitstreiterinnen einfinden würden.

Ich werde ärgerlich.
Drum befreien Sie nun den im Ruhestand befindlichen  Ringfinger aus seiner Situation und beginnen wieder mit dem Wechselspiel, nur- als dritte im Bunde- Die Zunge nicht vergessen. Züngeln wie eine Schlange.... kann sicher so manches Weib.

  EVOLUTION
R

Meine Wut sprengt das R. Ratlos schaue ich auf das übrig gebliebene Wort.
EVOLUTION.
Aha, ich muss mich verändern. EVOLUTION ist wie eine Befreiung nach langer Reifezeit.
Veränderung muss sein: der Keller der Erfahrungen ist ein guter Ratgeber und die EVOLUTION ist nicht mehr zu stoppen.
Schön wär’s.

„Ihre zwei aktiven Finger, die Zunge, überhaupt die ganze Geste, haben mittlerweile auch Sie nachdenklich gestimmt (vorausgesetzt Sie sind meinen Anweisungen genau gefolgt.).“
Aber ich frage mich, warum sich mein Selbstbewusstein so holprig anfühlt?
Ich grüble.

EVOLUTION
 E
  V
   O
    LUTION

Upps. LUTION. LOTION. Ich weiß es! Meine Haut ist rau! Deshalb komme ich auf so grobe Gedanken. Ich brauche eine LOTION. Eine Hautlotion. Damit meine Schönheit auch mal ’ne Chance bekommt!

Fazit:
Man nehme eine zarte Geste und Hautlotion, lasse beide über die weiche Haut gleiten. Man erfrische den Geist mit neuen Worten, werfe sich mit Lust in Veränderungen, auch auf die Gefahr hin, dass man abgelehnt wird und voilá! schon ist frau AUF die LÖSUNG gekommen.

Und alles wird gut.

Pardon? Ein Krampf?

In den Fingern?
Dann haben Sie sicher etwas falsch gemacht!
Weniger ist mehr.
Verstehen Sie?
Nein?
Sie können mich auch nicht verstehen, es handelt sich ja um mein Selbstbewusstsein!
Also: Finger weg!



© Marie Theres Kroetz Relin 08.06.2007


Das Beweisfoto:

 


 
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