Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Weibsstück: Der biometrische Aufenthaltstitel

Ich bin zwar in Deutschland geboren und aufgewachsen, habe immer brav meine Steuern gezahlt und bin trotzdem unter 7,3 Millionen Ausländern eine waschechte „In“. Ich komme aus dem Land, in dem Heidi den Männern die Köpfe verdreht, die Schokolade auch mal nach Chili schmeckt, der Käse traditionelle Löcher trägt und die Berge zahlreicher sind, als das Land an Fläche besitzt. „Grüezi“, ich bin eine Schweizerin und darum brauche ich auch eine Aufenthaltsgenehmigung. Ich hetze also los und treffe um 11:40 Uhr im Landratsamt meiner Wahl ein. Ich reiche der Sachbearbeiterin meinen neuen Reisepass und ein hübsches Passfoto. Sie winkt gleich ab: "Das ist kein biometrisches Foto." Kein was? Kein biometrisches Foto? „Es ist viel zu klein, der Kopf ist nicht gerade und Sie lächeln. Das Gesicht muss mindestens 32 Millimeter hoch sein und Sie dürfen nicht lächeln. So kann ich das für den Aufenthaltstitel nicht akzeptieren, so nimmt es auch der Computer nicht." Und jetzt? Ich rase zum nächsten Fotoladen und lasse mich wie ein „Verbrecher“ fotografieren. Ernst, bloß nicht lächeln, ausdruckslos und gerade sitze ich da, den Blick direkt in die Kamera, beide Augen offen, wie erstarrt. Ich denke an meinen amtlichen Titel im biometrischen Maß. Klick! Ich bin 10 Euro los und hetzte wieder zurück. Um fünf vor zwölf erhalte ich meinen Aufenthaltstitel.  „Bio heißt Leben und Metron das Maß.“ denke ich, „Lebensmaß im Verbrecherlook?“ Hauptsache, der Bürger darf die Bio- pardon- Bürokratie ausbaden, gell?


© M.Th. Kroetz Relin 2007- erschienen in "Die Aktuelle"   Heft 48
 
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