Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Marie Theres Kroetz Relin - Do it again, Anna

Anna putzte die Bohnen. Fein. Säuberlich. Erst das eine Ende, schnipp, dann das Andere. Sie kochte gern. Es war die Zeit in der ihre Gedanken tanzen konnten. Sie stellte das Wasser auf. Heute gab es Schweinemedallions mit selbst gemachter Kräuterbutter, Reis und grünen Bohnen. Sie hat vier Kinder und dazu einen Mann. Und in einer halben Stunde würde die Familie am Tisch sitzen und es sich schmecken lassen.
Schnipp, schnipp. Ihre Handgriffe waren gekonnt. Sie war schließlich auch schon seit 16 Jahren eine Hausfrau.
„Do it Anna!“
Oh, nein. Das war Anna‘s innere Stimme.
“Come on, do it“ flüsterte die Stimme und ganz leise „Please... “
„Would you be so kind and shut up!“ gab Anna laut zurück „I´m cooking“.
“It‘s just so long time ago... and you still got 25 minutes“.
Tja, ihre innere Stimme hatte Recht. Es war lange her. Und sie hatte noch Zeit. Und Lust. Sie dachte nach. Diese Stimme sprach sie immer in Englisch an. Warum wusste sie nicht. Sie schaute auf die Uhr. Ja, jetzt. Warum auch nicht. Ist doch ganz natürlich, oder. Hand? Nein, sie hielt Ausschau. Sie wollte mehr. Sie entdeckte eine runde Verpackung in der sich Calcium-Brausetabletten befanden. Sie nahm die Packung in die Hand. Passt, hat einen guten Durchmesser. Sie entleerte den Inhalt, warf noch einen kurzen Blick auf die Uhr, ja passt auch und verschwand mit dem Röhrchen im Schlafzimmer.
“Oh, come on, I´m so exited!“
„Wenn Du jetzt nicht das Maul hältst, klappt es nicht“, dachte Anna „jedenfalls nicht in so einer kurzen Zeit!“
Sie zog den Rock hoch und den Tanga aus und fing an, mit dem Calciumröllchen an sich rumzufingern. Irgendwie kam sie sich blöd vor.
Ob ihr Mann auch...? Sicher doch. Und ihre 15 jährige Tochter... nein, das wollte sie sich jetzt nicht vorstellen... Jetzt da sie nun mal angefangen hatte, war es zu spät zum Aufhören.
„Yeahhhhh!“ stimmte ihre innere Stimme zu.
Sie startete in ihrem Kopf ihre sexuelle Software, besser, das was nach 16 Jahren Ehe davon noch übrig geblieben war. Ah, das tat gut. Obwohl das blöde Ding von Caciumröllchen doch etwas kratzte... aber nun gut, man kann eben nicht alles haben. Sie hatte wilde Phantasien. Es war schön. Sie blickte auf die Uhr. Verdammt nur noch 10 Minuten. Jetzt aber schnell den Höhepunkt erreichen. Aha, aha, ja, ja, ahhhhhhhha. Uff, geschafft.
“Was it good? Relaxed?“ hauchte ihre englische Stimme etwas aus außer Atem.
„Oh, yes it was good... “seufzte Anna erleichtert „...but now shut up, I have to hurry up!“
Nun ging alles in Windeseile: Tanga an, Rock runter, Bettdecke gerade ziehen, Spuren verwischen, Calciumröllchen reinigen, Inhalt darin wieder verstauen und wieder bei den Gesundheitsprodukten einorden. Sie rannte ins Bad, schaute in den Spiegel, ein Lächeln auf den Lippen, besser ein Schmunzeln und eine Röte auf den Wangen, wusch sich die Hände, fuhr mit der Bürste durch die Haare, rannte zurück zu ihren Bohnen, schmiss sie ins kochende Wasser, warf die Medaillons in die Pfanne und überprüfte mit Profiblick den schön gedeckten Tisch. Alles war bereit. Sie konnten kommen.
Sie hörte den Schlüssel im Schloss und ihre vier Kinder samt Mann stürmten herein... Ufff.
“Schaust Du nett aus“ sagte ihr Mann bei der Begrüßung „Richtig rote Wänglein hast Du!“
„Ja“ sagte sie „am Herd wird es einem richtig heiß! Dampf und so!“
„Liar!“ erwiderte die Stimme aus dem Off.  „Shut up!“ dachte sie.


© Marie Theres Kroetz Relin 2004 - Auszug aus "If pigs could fly - Die Hausfrauenrevolution" Piper Verlag


 
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