Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern und die Wüstenblume
„Mama!“ Girlie kommt angelaufen, „Ich lese gerade „Wüstenblume“ von Waries Dirie. Mama!“ ihre Stimme stockt, fassungslos und aufgeregt erzählt sie: „Mama, die ist mit 14 Jahren von zu Hause abgehauen, weil ihr Vater sie mit einem alten Mann verheiraten wollte! Sie hat als Nomaden-Tochter in der Wüste Somalias gelebt und jetzt ist sie ein Topmodel.  Mit fünf Jahren ist sie von einer alten Frau beschnitten worden, mit einer Rasierklinge! Ein kleines Mädchen! Hast du das gewusst? Das müssen furchtbare Qualen sein, die Frau leidet heute noch unter den Folgen - körperlich und seelisch!“ Muttern nimmt ihr Mädchen in den Arm. „Mich hat das Buch auch beeindruckt. Heute ist Dirie UNO-Sonderbotschafterin und kämpft für die 6000 Mädchen, die täglich in 28 Ländern der Erde beschnitten werden, eine Jahrtausende alte Tradition. Frauen, die nicht verstümmelt sind, gelten als wertlos...“ Girlie nickt. „Ich lese jetzt weiter, danach reden wir!“ Muttern blickt ihrer 14-jährigen Tochter hinterher, schnappt sich die Zeitung und kann nicht fassen, was sie da liest: „Was schenkt man einem Mann, der schon alles hat? Jeannette Y. aus Texas glaubt, "die ultimative Überraschung" für ihren Ehemann gefunden zu haben: die 40-jährige ließ sich wieder zur Jungfrau machen! Designer-Vaginas sind der neueste Trend der Schönheitschirurgie, zum Preis von 7.000 Dollar lassen sich Frauen die Vagina verengen...“ Muttern klappt die Zeitung zu und versteht die Welt so wenig wie eine Wüstenblume!
 

© Marie Theres Kroetz Relin 2006- erschienen in "Die Aktuelle" Heft 33 
 
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