Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Darf ich bitten, Muttern?
Zaghaft bewegt sie ihre Hüften zur Salsa-Musik. Eins, zwei, drei, Schritt und Mambo. Der Latino - Rhythmus geht ihr unglaublich in die Beine, aber ihr Verstand lässt sich nicht ausschalten und hemmt den verklemmten Unterleib.
„Überleg mal:“, denkt sie, während sie sich bemüht, den schnellen Schritten zu folgen „hast Du davon nicht immer geträumt? Jetzt hast du es schon geschafft, Dich beim Salsa-Kurs anzumelden!“ Links, rechts, Drehung. „Und nun benimmst du dich wie eine kleine, schüchterne Schülerin, statt dich einfach von der Musik tragen zu lassen.“ Unsicher hebt sie den Blick. Ihr Spiegelbild lächelt fast provozierend zurück. Und gleich noch mal: Links, rechts, Drehung. Der kleine, fordernde Tanzlehrer lässt den Damen keine Chance: niemand darf aus der Reihe tanzen, auch Muttern nicht! Und nun noch etwas schneller – uno, dos, tres, Schritt und Mambo. Die unterschiedlichsten Frauen versuchen sich mit leisem Lächeln der Musik hinzugeben. „Lebe Deinen Traum! Versuch es doch! “ spricht sich Muttern Mut zu. Sie schließt die Augen. Links, rechts und Drehung. Jetzt! Die lateinamerikanische Musik fängt ihren Körper ein, ihre Haut saugt die Trommelschläge auf und plötzlich bewegen sich ihre Füße wie von allein. Eins, zwei, drei, Schritt und Mambo. Ja! Ein Glücksgefühl durchströmt sie. Blockade ade, sie ist bereit zu tanzen! Schweißperlen der Zufriedenheit stehen ihr auf der Stirn. „Was für ein Aha-Erlebnis! Die befreiten Haufrauen von heute könnten glatt die Blumenkinder von morgen sein!“
Aber sicher doch, Muttern, darf ich bitten?


© Marie Theres Kroetz Relin 2005- erschienen in "Die Aktuelle" Heft Nr. 35
 
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