Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern und die Lösung
Drei Uhr morgens. Muttern schreibt in ihr Tagebuch: „Kann nicht richtig schlafen. Bin eben wieder aufgeschreckt und schlaftrunken in das Zimmer der Großen geschleppt. Sie ist immer noch nicht zuhause. Auf´s Handy geguckt, nein, keine Nachricht von ihr. Ich weiß nicht, irgendwie kann ich mich einfach nicht daran gewöhnen, dass mein Mädchen erwachsen wird, tanzen geht, spät heimkommt und auf den Spuren ihres eigenen Lebens wandelt.  Ich habe immer die Angst im Nacken, dass ihr etwas passiert, wenn ich nicht dabei bin. Die große Verantwortung für mein Fleisch und Blut. Dabei müsste ich mich all die Jahre eigentlich schon daran gewöhnt haben: Am allernächsten war mir mein Baby während der Schwangerschaft. Ein glückseliger Status, eine Einheit, die es so nie mehr, nicht einmal annähernd, geben wird. Schon das Durchtrennen der Nabelschnur geschah im Grunde gegen meinen Willen. Die Geburt, dieser persönliche Urknall, bedeutet zugleich Schmerz und unendliches Glück. Aber ist dieser Schmerz nicht schon der erste Trennungsschmerz? Es heißt nicht umsonst „abnabeln“. Mütter sind eben Festhalter und wollen verbunden bleiben wie mit unsichtbarer Nabelschnur.“ Muttern unterbricht ihr Schreiben und horcht. Der Hausschlüssel! „Mama, warum bist du denn noch wach? Ach, ich hatte so einen tollen Abend!“ Muttern nimmt ihr Kind in den Arm und freut sich für sie. Kein Wort über ihre melancholischen Gedanken.
Ja, Muttern, Loslassen ist die Lösung - für jede Verbindung!


© Marie Theres Kroetz Relin 2006- erschienen in "Die Aktuelle" Heft Nr. 22  
 
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