Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Weibsstück - Eine Minute, bitte!

Eine Minute kann entscheidend sein. Sie kann uns in das größte Glück abheben lassen oder in das schrecklichste Unglück stürzen. Zwei Wochen lang schaute die Welt nach China, erlebte die 29. Olympischen Spiele mit hervorragenden Wettkämpfen wie ein Feuerwerk aus tapferen sportlichen Leistungen. Und dort gaben sogar Sekunden den Ton an! Mit Trauer schaute aber letzte Woche auch die Welt auf das Flugzeugunglück von Madrid, das innerhalb einer Minute 154 Leben auslöschte, darunter das von 21 Kindern.
Ich bin in meiner Salsa–Tanzgruppe, meine Hüften schwingen sich zu dem rhythmischen Latino-Sound, bis uns unser Lehrer auffordert, eine Schweigeminute für die Opfer einzulegen. 45 Menschen erstarren verschwitzt zu einer kollektiven Stille und eine zeitlose Solidarität macht sich breit.
Eine Minute ist verdammt lang und in meinem Hirn arbeitet es. Zahllose Momente, gute wie schlechte – entscheidende eben – werden lebendig und kratzen an meiner Dankbarkeit, die ich mir viel öfter zugestehen sollte. Als der Sekundenzeiger sich schleppend der 60 zubewegt und meine Tanzpartner sich mit dem vollen Minutenschlag wieder in Bewegung setzen, bleibt trotzdem eine stille Zufriedenheit im Raum, die sich wie eine behütende „Käseglocke“ über uns wölbt: Danke, dass es uns gut geht!
Diesen Moment des Schweigens sollte man sich viel öfter gönnen, die Hektik des Alltags sein lassen, durchatmen und kurz das eigene Leben reflektieren.
Eine Minute, bitte!
Danke.


© M.Th. Kroetz Relin 2008- erschienen in "Die Aktuelle"   Heft 36
 
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