Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Muttern und der Klingelton
Muttern steht auf, erhebt feierlich ihr Glas und nimmt ein Löffelchen -„Bim, Bim“. Endlich war es ihr gelungen die gesamte Familie zu einem schönen Menü zusammen zu trommeln. Lang hatte sie das üppige Mahl vorbereitet und Stunden in der Küche verbracht. Aber der Aufwand hatte sich gelohnt, alle waren ihrem Aufruf gefolgt und warten nun gespannt auf Mutterns Worte.
Sie räuspert sich und beginnt: „Meine Lieben, ihr wisst gar nicht, welch große Freude ihr mir...“ – „Muh!“ Muttern stockt. Noch ein lautes „Muh!“ ertönt und Teenie verschwindet mit hochrotem Kopf und leise gemurmeltem „Sorry“ in der Küche. Muttern lächelt etwas gezwungen und beginnt erneut: „Welch große Freude ihr mir bereitet habt, weil ihr alle meiner Einladung...“ Sie hält im Satz inne, weil Girlie eine SMS schreibt. „Kannst Du nicht mal fünf Minuten die Pfoten von dem Ding lassen!“ zischt sie ihre Tochter an und will gerade wieder zur Ansprache ansetzen, da erklingt ein fröhliches „Du Depp, heb endlich ab, du Depp, du.“ Sohnemann schaltet verschämt sein Mobiltelefon aus. Muttern seufzt. „...dass ihr meiner Einladung gefolgt seid. Wir sollten es zur Tradition werden lassen...“ „Miau, Miau!“ quietscht es aus der Ecke. „..uns regelmäßig zu treffen, schön, dass ihr da seid! Prost!“, rasselt Muttern die letzten Worte herunter. „Miau!!!“ - „Ja doch“ faucht Muttern und stürzt zu ihrer Handtasche. „Diese Überall-Erreichbarkeit ist wirklich eine moderne Krankheit. Hallo??“
Tja, Muttern, wenn früher an uns gedacht wurde, hatte man auch ein Klingeln im Ohr, aber ganz ohne Technik.



© Marie Theres Kroetz Relin 2005- erschienen in "Die Aktuelle" Heft Nr. 45
 
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