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AKTUELLE - Liebe Frau Ursula von der Leyen
Liebe Frau Ursula von der Leyen,

was haben Sie nur getan? „Die geringste Präsenz am Arbeitsmarkt findet sich bei deutschen Müttern, die diese gewonnene Zeit aber nicht in Hausarbeit investieren, sondern in persönliche Freizeit...“ So heißt es im 7. Familienbericht der Bundesregierung, und Sie haben ihn vorgestellt. EinAufschrei ging durch die Nation: Deutsche Mütter sind faul!? Diese Schock-Studie bezweifelt den Arbeitswillen von über 20 Millionen Müttern!  Das könnte zu einem Fiasko führen, den Nährboden für wildeste Vorurteile schaffen:  Mann gegen Frau, Frau gegen Frau, Mutter gegen Nicht-Mutter, Hausfrau gegen Karrierefrau, Teilzeit- gegen Vollzeitmama. Und die Machossehen sich in ihren verstaubten 50er-Jahre-Ansichten bestätigt: „Mutti, zurück an den Herd!“ Vor zwanzig Jahren ließ Franz Xaver Kroetz in dem Theaterstück „Mensch Meier“ die Figur Otto zu seiner Ehefrau sagen: „Machst Dich nützlich, dann bemerkt man Dich nicht“. Da hat er die aktuelle Debatte mit wenigen Worten auf den Punkt gebracht! Nebenbei greift eine Karrierefrau wie Tagesschau-Moderatorin Eva Herman munter die Emanzipation an: „Die Verunsicherung der Frauen führt in die Verweigerung der Mutterrolle!“ Sie vergißt, welche Rechte und Möglichkeiten diese Bewegung für die Frauen erkämpft hat.Es macht keinen Sinn, uns gegenseitig die Schuld zuzuschieben. Wir sitzen alle im selben Boot, es wird höchste Zeit, unser Schiffchen gemeinsam gegen den Strom zu lenken und unseren Wert nicht nur über unser Einkommen zu definieren!Ich möchte eine Anregung geben, die vielleicht ein Ausweg aus dem derzeitigen Dilemma ist:Hausfrauen stellen immer wieder fest, dass sie keine gesellschaftliche Anerkennung, kein Gehalt, keine Rente und keine soziale Absicherung bekommen. Andererseits fehlt es in Deutschland immer noch an genügend Kinderbetreuungsplätzen. Und zu starre, unflexible Öffnungszeiten der Krippen hindern die Mütter daran zu arbeiten.Meine Idee: Warum engagieren Sie nicht Hausfrauen als Betreuerinnen für fremde Kinder? Sie könnten bei Engpässen in Schulen oder Kindergärten auf Mini-Job-Basis arbeiten, das würde den Staat keinen Cent kosten! Die „Nur-Hausfrauen“ hätten damit einen Job, ein kleines Einkommen und soziale Absicherung. Finanziert würde der Job auf 400-Euro-Basis durch geringe Beiträge der anderen Eltern. Damit würden diese verdienenden Mütter einen neuen Wirkungskreis finden und dadurch auch ein kleines Stückchen näher an ihre eigene Unabhängigkeitrücken. Und das persönliche Wohlbefinden würde durch den kleinen Nebenverdienst auch nicht gerade leiden...Mütter, die ihre Kinder von anderen Müttern betreuen lassen, könnten in Ruhe einem Job nachgehen. Kein Abhetzen mehr, damit sie um Punkt zwölf Uhr vor den Toren des Kindergartens stehen. Mütter helfen Müttern – und allen wäre geholfen.
Meinen Sie, das wäre umsetzbar, Frau Ministerin?
Schön wäre es!

Liebe Grüße
Ihre

Marie Theres Kroetz Relin  



© Marie Theres Kroetz Relin 2006- erschienen in "DIE AKTUELLE" am 06.05.06 in Heft 19 
 
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