Artikel erschienen in Wochenblatt Kaiserslautern
Drittes Literaturfestival mit Harfouch, Heidenreich, Relin und vielen mehr
Eingestellt von: Ralf Vester aus Kaiserslautern
Kaiserslautern. Einer der Höhepunkte im Lautrer Kulturleben gleich zu Beginn des neuen Jahres wird die dritte Auflage des 2019 erfolgreich gestarteten Literaturfestivals. Dieses bietet vom 30. Januar bis 5. Februar wieder elf vielseitige Veranstaltungen, erneut mit großer Unterstützung der ZukunftsRegion Westpfalz. Dabei bestehen Kooperationen mit den Buchhandlungen „blaue blume“ und „Thalia“, dem SWR, der Technischen Universität, dem Pfalztheater, der Pfalzbibliothek, dem Union Studio für Filmkunst und auch den „Queerulant*innen“.
Eröffnet wird das 3. Literaturfestival Kaiserslautern am Montag, 30. Januar, um 19 Uhr im SWR Studio Kaiserslautern am Emmerich-Smola-Platz durch Bürgermeisterin und Kulturdezernentin Beate Kimmel. Mit dabei sein werden die Lyrikerin Nora Gomringer und Lyriker Hans Thil, Schauspielerinnen und Schauspieler des Pfalztheaters, der Poetry-Slammer Phriedrich Chiller und die Sängerin Djulia. Am Dienstag, 31. Januar, folgt eine Veranstaltung in der Buchhandlung „blaue blume“, am Mittwoch, 1. Februar, in der Buchhandlung „Thalia“ sowie mit Dr. Volker Manz in der Zentralbibliothek der Technischen Universität.
Am Donnerstag, 2. Februar, gibt es um 19 Uhr „Race Relations“ mit einer Lesung von Michaela Dudley und um 20 Uhr eine „Musikalische Lesung“ mit der renommierten Schauspielerin Corinna Harfouch. Diese dreht sich um das Leben der jüdischen Geigerin Alma Rosé und wird von der Geigerin Latica Honda-Rosenberg und der Pianistin Hideyo Harada musikalisch begleitet. Alma Rosé – ein Name, der nie dem Vergessen anheimfallen sollte. Das Leben einer starken Frau und faszinierenden Künstlerin verbindet sich damit. In ihrer Biografie spiegelt sich, welche humanistische Kraft in der Musik steckt – und wie Musik gleichzeitig von einer grausamen Sache missbraucht werden kann.
Alma Rosé ist die Nichte Gustav Mahlers. In Wien wird sie 1906 in eine berühmte Musikerfamilie hineingeboren. Die eigene musikalische Ausbildung erhält sie vom Vater, dem berühmten Geiger und Wiener Philharmoniker Arnold Rosé. Die Anfänge ihrer Karriere als Geigerin sind vielversprechend. Selbstbewusst bewegt sie sich im Zentrum der musikalischen Welt ihrer Zeit. Einen herausragenden Ruf erarbeitet sie sich nicht allein als Solistin: Alma Rosé gründet die „Wiener Walzermädeln“ und tourt mit diesem Ausnahmeorchester bald durch ganz Europa. Fotografien von ihr zeigen eine lebenshungrige, eine moderne Frau. Doch ihre jüdische Abstammung wird ihr zum Verhängnis: Die menschenverachtende Ideologie des Nazi-Regimes gesteht ihr keinen Ruhm, keinen Glanz, ja nicht einmal das nackte Überleben zu. Die entbehrungsreiche Gefangenschaft im Vernichtungslager überlebt sie nicht: 1944 stirbt Alma Rosé in Auschwitz.
Die Geigerin teilt das Schicksal mit sechs Millionen Jüdinnen und Juden. Aber damit ist die Biografie der Alma Rosé nicht zu Ende erzählt: Es gehört auch in ihre Lebensgeschichte, dass sie mit Musik ein Zeichen gesetzt hat, dass sie mit ihrer Kunst in der Vorhölle auf Erden Momente des Vergessens bereitet, Hoffnung gestiftet hat. Alma Rosé wird nach ihrer Verhaftung die Leiterin des „Mädchenorchesters“ in Auschwitz und hält ihre schützende Hand über Mithäftlinge. Die Musikerinnen ihres Ensembles bleiben von der Tötungsmaschinerie verschont.
Corinna Harfouch ist eine der renommiertesten deutschen Schauspielrinnen, vielfach ausgezeichnet und preisgekrönt. Nachhaltig und überzeugend verkörpert sie die Extreme der menschlichen Existenz. Sie liest Auszüge aus Anita Lasker-Wallfischs Lebenserinnerungen Ihr sollt die Wahrheit erben – Die Cellistin von Auschwitz und Richard Newmans Biografie Alma Rosé. Es erklingen Werke von Mozart, Beethoven, Brahms, Schubert, Schumann, Tschaikowski, Chopin, Franck bis hin zu Bloch und Sarasate.
Corinna Harfouch ist auch die Protagonistin der Literaturverfilmung „Was man von hier aus sehen kann“ nach dem Roman von Mariana Leky am Freitag, 3. Februar, um 18 Uhr im Union Studio für Filmkunst. In der Fruchthalle liest um 20 Uhr Elke Heidenreich aus ihrem aktuellen Bestseller „Ihr glücklichen Augen“ mit Musik am Flügel von Marc-Aurel Floros.
Am Samstag, 4. Februar, heißt es um 14 Uhr mit vier regionalen Autorinnen und Autoren „Aber bitte mit Lyrik“ zu Kaffee und selbstgebackenem Kuchen in der Pfalzbibliothek. Um 19.30 Uhr folgt in der Scheune des Stadtmuseum (Theodor-Zink-Museum I Wadgasserhof) eine musikalische Lesung im Gedenken an den jüdisch-polnischen Dichter und Komponisten Mordechai Gebirtig. Gestaltet wird der Abend von der israelischen Sängerin Dalia Schaechter und dem Gitarristen Christian von Götz. In der ganzen jüdischen Welt singt man die Dichtung und die Kompositionen von Mordechai Gebirtig. Ein polnischer Jude, 1877 in Krakau geboren und dort 1942 im Krakauer Ghetto von SS-Männern auf die Straße gezerrt und erschossen.
Bis zum Alter von zehn Jahren besuchte er in seiner Geburtsstadt eine traditionelle jüdische Grundschule und musste dann eine Lehre als Tischler absolvieren. Schon früh interessierte er sich für Literatur. Seine ersten Texte verfasste er 1906 im Organ des Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbundes, später schrieb er Rezensionen für eine Theaterzeitung. Als Tischler reparierte Gebirtig alte Möbel und lebte mit seiner Frau Blumke und den drei Töchtern in Krakau im Stadtteil Kazimierz, in der Ul. Berka Joselewicza Nr. 5. Tagsüber hobelte er an Möbeln und nachts am jiddischen Lied, sagen Zeitgenossen.
„Aber für ihn war Musik – Musik, wenn es eben nur welche war, und gegen das Wort von Goethe: ‚Die Kunst beschäftigt sich mit dem Schweren und Guten‘ fand er einzuwenden, dass das Leichte auch schwer ist, wenn es gut ist, was es eben sowohl sein kann wie das Schwere. Davon ist etwas bei mir hängengeblieben, ich habe es von ihm. Allerdings habe ich ihn immer dahin verstanden, dass man sehr sattelfest sein muss im Schweren und Guten, um es so mit dem Leichten aufzunehmen“, so Thomas Mann in seinem berühmten Musikerroman „Doktor Faustus“.
Thomas Mann war zeit seines Lebens von Musik beeinflusst, er hat sich eingehend über Musik geäußert, viele seiner Werke weisen musikalische Bezüge auf. Diesen Zusammenhängen spüren die renommierte Schauspielerin Marie Theres Relin mit ausgewählten Lesungen aus Werken des großen Schriftstellers und die international etablierte Konzertpianistin Sachiko Furuhata mit musikalischen Assoziationen nach und lassen damit in der Scheune des Stadtmuseums das dritte Literaturfestival Kaiserslautern am Sonntag, 5. Februar, 17 Uhr, ausklingen. ps
Weitere Informationen sowie der Programmflyer sind hier zu finden:https://www.kaiserslautern.de/tourismus_freizeit_kultur/kultur/veranstaltungen/literaturfestival/