Alle Bilder (c) Detlev Schneider;
Weibsstück - Abgemolken

Saftige bayrische Wiesen, der Himmel weiß und blau. Ich besuche meine Freundin und ihren großen Bauernhof mit über 100 Stück Vieh im Stall. Die Vorfreude, endlich mal wieder kuhwarme Milch zu trinken, lässt meinen Gaumen im Dreieck springen. In ihrer Küche setze ich das Glas an meine Lippen und lasse die Köstlichkeit in meine Gurgel laufen. Mein Gott, schmeckt das gut! „Wie war denn der Milchstreik für Dich?“ frage ich sie. „Schrecklich, ich hab gar nicht hinschauen können. Täglich haben wir 600-700 Liter Milch wegschütten müssen, aber gebracht hat es uns nichts! Der Verbraucher zahlt zwar jetzt 10 Cent mehr pro Liter, aber wir Bauern bekommen nicht einen Penny mehr. Der Streik war das letztes Druckmittel für unsere Zukunft. Aber wenn wir nicht mal hier bei uns faire Preise durchsetzen können, wie sollen dann die Menschen in der dritten Welt ihre Arbeit verteidigen? Der Düngewert für Milch liegt bei 23 ct, aber der Preis für Mineraldünger ist in einem Jahr um über 120 Prozent gestiegen, wir bekommen pro Liter aber nur 39,3 ct! In Polen ist die Milch genauso viel wert, aber sie haben viel geringere Betriebskosten. Und während des Streiks wurde polnische Milch eingeführt und als „bayrische Landmilch“ verkauft. Tja. Weißt Du, man könnte die Milch von fast überall herfahren, von Weißrussland ins Allgäu, denn der Transport kostet nur 5 ct pro Liter! Ich fordere Weltmarktlöhne, das wäre unsere einzige Überlebenschance. Aber wie, wenn Bauern und Verbraucher von der Industrie abgemolken werden?“



© M.Th. Kroetz Relin 2008- erschienen in "Die Aktuelle"   Heft 30
 
 
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